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Brief an die SPD Ratsmitglieder

12. März 2015

Brief an die Ratsmitglieder von der SPD Fraktion des Stadtrats Münster 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Presse ist zu entnehmen, dass Sie sich am kommenden Montag innerhalb der Fraktion eine Meinung über die Gewährung eines Zuschusses an das ZdK für die Durchführung des Katholikentags 2018 bilden wollen.

Da die lokale Presse in den vergangenen Wochen recht einseitig über den Katholikentagszuschuss berichtet hat, möchten wir Ihnen gern ein paar zusätzliche Informationen und Denkanstöße liefern, damit Sie Ihre Entscheidung umfassend informiert treffen können.

1. Der Katholikentag findet 2018 in Münster statt – mit oder ohne städtischen Zuschuss

Selbst für diejenigen, die den Katholikentag als "Imagegewinn für die Stadt" betrachten, entfällt jede sachliche Grundlage, die Veranstaltung mit der immensen Summe von 1,5 / 1,2 Millionen Euro zu sponsern, um sie nach Münster zu locken, denn ZdK und Bistum haben bereits die Entscheidung für Münster als Veranstaltungsort getroffen. Was bleibt, ist das oft gehörte Argument, dass wir "gute Gastgeber sein wollen" - für einen saftigen Zuschuss von 1,5 /1,2 Millionen Euro ein recht dürftiges Argument.

Kein gewissenhafter Kaufmann würde den Zuschuss unter dieser Voraussetzung gewähren!

2. Rückflüsse IN die Stadt sind keine Rückflüsse AN die Stadt

Immer wieder ist zu lesen, dass der Millionen-Zuschuss, den das ZdK für die Durchführung des Katholikentags bei der Stadt Münster beantragt hat, nur eine Art Investition sei, die sich doppelt und dreifach auszahle und viel Geld in die Stadt spülen werde.

Dass die Katholikentagsbesucher in Münster Geld lassen werden, um zu essen und zu übernachten, ist unbestritten. Umstritten ist jedoch, wie viel Geld sie tatsächlich in der Stadt ausgeben werden und wie viel von diesem Geld jemals den Stadtsäckel erreichen wird. Dass durch eine fünftägige Veranstaltung Gewerbesteuermehreinnahmen von 1,2 Millionen Euro oder mehr generiert werden können, erscheint schon rein rechnerisch mehr als zweifelhaft.

Als zweifelhaft darf man auch die Kalkulation des ZdK über den Geldfluss an Gastronomie und Hotellerie betrachten, die es den Verwaltungen stets zukommen lässt, wenn ein Zuschuss beantragt wird. Das ZdK setzt für die Ausgaben pro Katholikentagsbesucher die Ausgaben eines durchschnittlichen Städtetouristen an. Der durchschnittliche Katholikentagsbesucher ist jedoch ein Low-Budget-Tourist. Viele Besucher des Katholikentags schlafen in Turnhallen und Privatquartieren und nutzen das im Eintrittsticket enthaltene Verpflegungspaket.

Die bisher einzige wissenschaftliche Studie zu den Geldflüssen bei einem Kirchentag – die Marktforschungsstudie der Hochschule Bremen über die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen des Evangelischen Kirchentags in Bremen 2009 – wird bei der Prüfung von Zuschuss-Anträgen durch Verwaltungen regelmäßig nicht hinzugezogen. Der Einfachheit halber verlassen sich die Verwaltungen lieber auf die Zahlen des ZdK – also desjenigen, der den Zuschuss haben will.

Dabei sind in der Bremer Studie erstaunliche Dinge zu lesen, z.B. dass es während des Evangelischen Kirchentags in Bremen 2009 in der Innenstadt sogar einen Umsatzrückgang bis zu 40% gab, da die Einheimischen die Stadt wegen des Großereignisses mieden.

3. Die Stadt Münster hat Schulden – die katholische Kirche ist reich

Sie als Ratsmitglieder wissen besser als viele andere, wie tief Münster in den roten Zahlen steht: Über 780 Millionen Euro Schulden – und trotz Kürzungen an allen Ecken und Ende werden in den kommenden Jahren große zweistellige Millionenbeträge an Schulden hinzukommen.

Im Gegensatz hierzu verfügt die katholische Kirche in Deutschland über ein immenses Vermögen und agiert wie ein Großkonzern mit Steuerschlupflöchern im Ausland und Bilanz-Akrobatik, um sich ärmer darzustellen, als sie ist. In den vergangenen Monaten wurde in den Medien umfangreich darüber berichtet. Die katholische Kirche Deutschlands könnte deshalb ohne weiteres die Finanzmittel aufbringen, um den Katholikentag vollständig selbst zu finanzieren.

An dieser Stelle folgt von Zuschussbefürwortern stets das Argument, dass der Katholikentag ja gar keine Veranstaltung der – nachweislich reichen – Kirche, sondern der katholischen Laien sei. Was ist dazu zu sagen?

4. Das ZdK nennt sich "Laienorganisation", ist finanziell und inhaltlich jedoch eng mit der katholischen Kirche verwoben

83,7% der Finanzmittel des ZdK kommen vom Verband der Diözesen Deutschlands, der Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz ist, sprich: von der katholischen Kirche. Mitglied im ZdK kann nicht jeder x-beliebige katholische "Laie" (d.h. ein Katholik ohne geistliches Amt) per Mitgliedsantrag werden. Wer Mitglied des ZdK wird, bestimmen Diözesanräte sowie die Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschlands. Mitglieder der "Laienorganisation" ZdK sind z.B. ZDF-Chefredakteur Peter Frey sowie die Ministerpräsidentin des Saarlands Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).

Würden Sie einen Verein, der Auto-Shows veranstaltet, und der mehr als 80% seiner Finanzierung von Mercedes erhält und dessen Mitglieder von Mercedes- Verwaltungsräten besetzt werden, als unabhängig betrachten?

5. Der Katholikentag ist eine Veranstaltung von Katholiken für Katholiken  

Weit über 90% der Besucher eines Katholikentags sind Katholiken. Dass die Katholiken auch Anders- und Nicht-Gläubige zu ihrer Veranstaltung einladen, ehrt sie. Nur: Nicht-Gläubige geben ihr Geld erfahrungsgemäß lieber für andere Dinge aus als für ein Eintrittsticket beim Katholikentag. Und so sind auch die immer wieder hervorgehobenen "gesamtgesellschaftlichen Diskussionen" letztendlich doch nur Diskussionen von Katholiken mit Katholiken aus einer katholischen Sicht der Dinge. Wogegen absolut nichts einzuwenden wäre, wenn die Katholiken für diese Veranstaltung kein Geld von der öffentlichen Hand verlangen würden.

Auch andere Organisationen führen Veranstaltungen durch, auf denen gesamtgesellschaftlich diskutiert wird und die sich auch an "Nicht-Mitglieder" wenden. Aber niemals würden z.B. Gewerkschaften oder AWO hierfür von der öffentlichen Hand einen Millionenzuschuss verlangen oder hätten auch nur den Hauch einer Chance, ihn zu erhalten. 

Ebenso wie andere gesellschaftlich aktive Gruppierungen und Organisationen möge deshalb bitte auch die Katholische Kirche ihre Groß-Veranstaltungen selbst bezahlen – oder wenigstens finanziell nicht um ein Vielfaches umfangreicher mit öffentlichen Geldern unterstützt werden als andere Organisationen.

Wir appellieren daher an Sie:

Statt einen Katholikentagszuschuss in Millionenhöhe zu gewähren, nutzen Sie das Geld lieber für diejenigen, die – im Gegensatz zur katholischen Kirche – keines haben! Bauen Sie Flüchtlingsheime, regen Sie den sozialen Wohnungsbau an oder unterstützen Sie die bunte freie Kulturszene. Bedarf für das Geld gibt es in Münster wahrlich genug …

Mit freundlichen Grüßen 

 

Maximilian Steinhaus

Pressesprecher 11. Gebot

E-Mail:  steinhaus<<at>>11tes-gebot.de

Mobil:   01522 / 99 39 40 1

Lindenweg 14

99428 Isseroda

Daniela Wakonigg

Regionalbeauftragte für das Münsterland des

Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten e.V.

E-Mail:     dwakonigg<<at>>gmx.de 

Tel.:         0251-1353039

Mobil:      0174-6820327
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